Alumni im Gespräch
Shanon Bach
Japanisch 1
29.10.2024
Shanon Bach hat seinen Bachelor of Engineering an der Hochschule Düsseldorf gemacht. Nach Praktikum und Werkstudium bei Mercedes-Benz arbeitet der angehende Wirtschaftsingenieur mittlerweile bei Rheinmetall im Bereich Automotive & Remote Driving. Parallel dazu macht er seinen Master an der TH Köln. Bei der Wahl seines Studienortes überzeugten ihn unter anderem die vielen ausländischen Partneruniversitäten der TH. Durch die Hochschulkooperation mit der Kanagawa University in Yokohama konnte er sich einen persönlichen Traum verwirklichen: Ein Auslandssemester in Japan. Sprachlich vorbereitet hat sich Shanon mit einem zweiwöchigen Japanisch-Intensivkurs am Landesspracheninstitut (LSI) in Bochum.
Shanon, Du kommst gerade von Deinem Auslandssemester zurück. Wie hat es Dir gefallen? Warst Du zum ersten mal in Japan?
Ja, aber es war bestimmt nicht das letzte Mal! Mein Bruder, der schon mal in Japan war und selber ein Auslandssemester in den USA gemacht hat, hat mich auf der Hinreise begleitet. Wir haben uns erstmal Osaka, Kyoto und Nara angeschaut. Im Nara Park leben die berühmten „Höflichen Rehe“, die sich vor den Besuchern verbeugen - ein echtes Highlight! In Yokohama hatte ich einen guten Start ins Semester. An der Kanagawa University wohnen alle internationalen Studierenden in einem gemeinsamen Wohnheim, dass architektonisch so aufgebaut ist, dass es Begegnung untereinander fördert. Außen waren die Zimmer und in der Mitte kleinere Bereiche, in denen man sich treffen konnte. Es waren viele Europäer und Amerikaner da, aber auch Studierende aus Korea, der VR China und Taiwan - und an der Uni selbst natürlich viele Japaner. Ich habe dort schnell Freunde gefunden.
Das Zusammenkommen internationaler Studierender ist ein wichtiges Ziel solcher Austauschprogramme. Man ist dort aber auch in einer Art „Bubble“. Wie hast Du Japan als Land abseits der Uni kennengelernt und was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben ?
Yokohama liegt ziemlich zentral in der Mitte Japans in direkter Nachbarschaft zu Tokyo. Ein guter Ausgangspunkt, den ich genutzt habe, um während des Semesters innerhalb Japans zu reisen und das Land kennenzulernen. Japan ist unglaublich vielfältig. Trotz seiner Insellage ist es ein großes Land, in dem sämtliche Klimazonen vorkommen. Ich war zum Beispiel in Sapporo auf der nördlichen Insel Hokkaido, da gibt es Skigebiete, die Vegetation sieht ähnlich aus wie bei uns. Ein anderes Mal war ich ganz unten im Süden, auf Okinawa. Mit einem deutschen Freund haben wir uns an meinem Geburtstag ein Auto gemietet und sind nach Hakone gefahren, auf den Spuren der Anime-Reihe Initial D. Ein besonderes Erlebnis war Hiroshima. Im Friedensmuseum dort war es so still, so etwas habe ich noch nie erlebt.
Du hast Japanisch vorab im Intensivkurs am LSI gelernt. In welchen Situationen an der Uni und im Alltag hast Du Japanisch gesprochen und wie bist Du damit zurecht gekommen?
Die Lehrveranstaltung an der Uni habe ich auf Englisch gemacht. Um auf Japanisch zu studieren, hatte ich nicht genügend Zeit in der Vorbereitung, das war auch nicht mein Ziel. Man bekommt vorab einen Einstufungstest, der sich am JLPT (Japanese-Language Proficiency Test) orientiert. Wenn man die nötigen Kenntnisse nachweist, kann man japanischsprachige Module belegen, ansonsten gibt es für internationale Studierende Kurse auf Englisch. Neben dem Studium ging es mir vor allem darum, mit Leuten in Kontakt zu kommen und natürlich Japan und die japanische Kultur kennenzulernen. Dass das so gut gelungen ist, lag vor allem an den japanischen Freunden, die ich an der Uni kennengelernt habe. Da war Sprache ein ganz wichtiger Faktor. Es gab oft so einen Wow-Effekt: „Du kannst Japanisch? Wie hast Du es gelernt?" Darüber kommt man ins Gespräch. Ohne Japanischkenntnisse wäre es viel schwieriger gewesen, Japaner kennenzulernen und Zugang zu deren Freundeskreis und Familie zu bekommen. Auf Okinawa zum Beispiel hatte ich die Gelegenheit, für eine Woche bei der Familie eines japanischen Kommilitonen zu wohnen. Das war eine wunderbare Erfahrung, die ich nicht gemacht hätte, wenn ich der englischsprachigen Bubble geblieben wäre.
Wie sah Deine sprachliche Vorbereitung im Detail aus und bis zu welchem Niveau bist Du gekommen?
Ein Dreivierteljahr vor Beginn der Reise habe ich angefangen, mich mit Hilfe von Lernapps wie Duolingo und Rosetta Stone mit Japanisch zu beschäftigen. Nachdem die Zusage für das Auslandssemester da war, habe ich mich auf Empfehlung eines Professors zum Intensivkurs am LSI angemeldet. Während der zwei Kurswochen in Bochum habe ich im Gästehaus des LSI gewohnt und mich voll und ganz auf den Unterricht fokussiert. Der Kurs war sehr professionell, das Lernen in dieser hochkonzentrierten Form ist unglaublich effektiv. Verglichen mit anderen Austauschstudierenden, die vorher ein oder zweimal die Woche über die Dauer eines Semesters Japanisch gelernt haben, waren meine Fähigkeiten im Bereich Sprechen, Hören und Verstehen in der Regel besser ausgebildet. Natürlich erreicht man in zwei Wochen kein Top-Level. Aber man bekommt solide Grundkenntnisse, die man auch aktiv anwenden kann. Gerade das Sprechen wurde im Kurs intensiv geübt. Für mein Auslandssemester mit der kurzen Vorbereitungsphase war dieser Lernansatz optimal.
Welche sprachlichen Fortschritte hast Du während der Zeit in Japan gemacht? Hast Du vor, weiter Japanisch zu lernen?
Mein Wortschatz hat sich verbessert, aber da ist natürlich noch viel Luft nach oben. Vor allem haben sich die vorhandenen Sprachkenntnisse während des Semesters deutlich gefestigt. Ich bin schneller und sicherer im Sprechen geworden. Wie weit Du in einer Sache kommst, hängt ja von den Zielen ab, die Du dir setzt. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, weiter zu lernen, zum Beispiel die Kurse Japanisch 2 und 3 machen oder auch am Tandemkurs des LSI teilzunehmen. Im Moment sind aber erstmal andere Ziele priorisiert, vor allem der Master-Abschluss.
Wenn man für längere Zeit im Ausland lebt, spielt nicht nur Sprache eine Rolle sondern auch so etwas wie interkulturelle Kompetenz. Worauf kommt es dabei an und in welchen Situation in Japan warst Du damit konfrontiert?
Ich finde, dass ist ein wichtiges Thema. Mit interkultureller Kommunikation hatte ich mich schon vorher im Studium beschäftigt, weil es auch im Berufsleben, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit in international aufgestellten Firmen eine Rolle spielt. Kulturen denken und funktionieren unterschiedlich, das kann zu Konflikten und Missverständnissen führen. Ein spezielles Training kann deshalb sinnvoll sein. Was grundsätzlich immer gilt: Du solltest gut zuhören können, aufmerksam sein, dich in andere Perspektiven hineinversetzen können und in der Lage sein, dich an neue Situationen anzupassen. Wenn du zum Beispiel einen Japaner kennenlernst, musst du erstmal sehr förmlich sein. Mit der Zeit wird das Verhältnis lockerer, aber eben oft langsamer als in anderen Kulturen. Interkulturelle Kompetenz ist auch keine Einbahnstrasse. Japaner sehen ja, dass sie in mir einen Europäer vor sich haben. Ich habe es zum Beispiel immer vermieden, Japanern die Hand zu geben - in Japan verbeugt man sich zur Begrüßung. Aber manchmal sind Japaner auf mich zu gekommen und haben mir die Hand gegeben - sie haben sich also auch an meine Kultur angepasst.
Wenn Du zusammenfassen würdest, was Du für Dein privates und berufliches Leben aus der Japan-Erfahrung mitgenommen hast?
Auf persönlicher Ebene die vielen Freundschaften. Ich freue mich wirklich sehr darauf, wieder nach Asien zu fliegen und die Leute zu treffen, die ich in Japan, aber auch in Korea, Hong Kong und Taiwan kenne. Auf beruflicher Ebene die interkulturelle Erfahrung, die ganz sicher eine wertvolle Vorbereitung auf das spätere Arbeitsleben ist. Das Leben und Studieren in einem so andersartigen Land hat mich herausgefordert wie nie zuvor. Ich habe gelernt, mich in unbekannten Situationen zurechtzufinden, kulturelle Unterschiede zu schätzen und meine eigenen Grenzen zu erweitern.
Interview: Jörg Siegeler