Valentinstag-Spezial: Blumen, My-choko oder Valentinki?

Japan: Doppelt hält besser

1960 gelang dem Süßwarenhersteller Morinaga mit einer groß angelegten Werbekampagne der Valentinstag-Durchbruch. Seitdem sind die Feiertagsbräuche und Geschenke skurriler geworden. Gehalten hat sich allerdings die Konvention, dass an diesem Tag lediglich die Frauen die Männer beschenken, wobei nicht nur der Ehemann bzw. der Freund, sondern auch männliche Bekannte, Mitschüler, Arbeitskollegen, ja sogar der Chef bedacht werden. Um hier amourösen Hintergrund von sozialer Verpflichtung abzugrenzen, werden zwei Arten von Schokoladengeschenk unterschieden: bei der Honmei-choko (本命チョコ = Schokolade für den Liebling) handelt es sich um eine im besten Falle selbstgemachte Schokolade als Liebesbekundung für den Liebsten. Dafür werden sogar Kochkurse angeboten. Alle anderen Herren erhalten Giri-choko (義理チョコ), die so genannte „Pflichtschokolade“, die meist gekauft und damit auch preisgünstiger ist. Die Üppigkeit der Verpackung, die in Japan bekanntermaßen eine große Rolle spielt, ist Indikator dafür, wie viel der Mann der Dame bedeutet.

Damit die Frauen nicht zu kurz kommen, hat ein japanischer Konditor 1977 den White Day (ホワイトデー,  Howaito dē = Weißer Tag) ins Leben gerufen, der genau einen Monat später, also am 14. März, gefeiert wird. Seinen Namen erhielt der kuriose Feiertag dadurch, dass die Süß- und Backwarenindustrie vorsah, dass die Männer sich vornehmlich mit weißer Schokolade  und anderen weißen Süßigkeiten bei den Damen revanchieren. Mittlerweile werden aber neben der Schokolade auch wesentlich exklusivere Geschenke gemacht, wie beispielsweise Schmuck, Handtaschen und Accessoires. Also Obacht: viele Japanerinnen verteilen am Valentinstag großzügig Schokolade in der Erwartung, einen Monat darauf ein Gegengeschenk zu erhalten, das den Wert des selbst geschenkten um das (mindestens!) Dreifache übersteigt.

Was für den einen der Tag der Liebe, ist für den anderen ein weiterer Tag des Kommerzes. Die Süßwarenindustrie in Japan erzielt in dieser Zeit ca. 20% ihres Jahresumsatzes. Um den Verkauf noch weiter anzukurbeln, denken sich die Japaner immer neue Themenschokoladen aus. So sieht man seit kurzem auch oft Tomo-choko (友チョコ = Freundschaftsschokolade), die Japanerinnen sich untereinander schenken, sowie My-choko(jap. マイチョコ), die sich Frauen zum Valentinstag selbst gönnen.

Noch jung ist der Trend der so genannten  Gyaku-choko (逆チョコ = Gegenschokolade). Dieses Präsent geben Männer unmittelbar am Valentinstag als Erwiderung auf das Geschenk der Frau ihres Herzens. Damit man auf Anhieb sieht, dass es sich um ein Gegengeschenk handelt, lässt der Süßwarenhersteller Morinaga die Packungsaufschrift spiegelverkehrt aufdrucken. Seit einiger Zeit kursiert eine weitere Wortneuschöpfung der Süßwarenindustrie: (der) chokomen. Dabei handelt es sich um ein Wortspiel aus chokoチョコ (= Schokolade) und dem Kunstwort ikemenイケ・メン, was so viel bedeutet wie „gutaussehender Mann“. Dem Herrn der Schöpfung soll das Ritual des Gegengeschenkes schmackhaft gemacht werden, indem ihm suggeriert wird: Schenken macht sexy!

Vokabelliste
⇒ anhören


Korea: Der Spaß am Schenken zählt

Die japanische Variante des Valentinstages gibt es seit den 80er Jahren auch in Süd-Korea. Ab Ende Januar künden spezielle Aufsteller und Verkaufsaktionen in Kaufhäusern, Bäckereien, Convenience Stores und Drogeriemärkten das Event an. Nur Männer werden beschenkt. Verliebte Studentinnen und unverheiratete junge Damen schenken ihrem Freund eine teure Schachtel Pralinen, gerne von Godiva und in Herzform. Beliebt ist auch rohe Schokolade in den Geschmacksrichtungen grüner Tee und Karamell. Die Männer bekommen zu dem  hochwertigen und aufwändig verpackten Schoko-Geschenk meist noch ein weiteres persönliches Geschenk und werden zum gemeinsamen Abendessen eingeladen. Wer es koreanischer halten möchte, schenkt ein Valentinstag-Set: Reiskuchen mit aufgestäubten Herzchen.

Anlass für Liebeserklärungen ist der Valentinstag nicht, eher ein Anlass zum Schenken. Valentinstag in Süd-Korea ist kein Tag nur für Verliebte, jeder Junge und jeder Mann bekommt etwas Süßes geschenkt, je nach Geldbeutel und Geschmack. Im Kindergarten geben die Mütter ihren Töchtern Schokoladenriegel für alle kleinen Spielkameraden mit, später in der Grundschule dann extra Taschengeld, um für die Klassenkameraden Schokoriegel der Firma Lotte zu kaufen, die Ghana oder Crunky heißen. Da in der Mittel- und Oberschulzeit meist Jungen- und Mädchenschulen besucht werden, gibt es aus Mangel an Gelegenheit erst an der Uni wieder viele kleine süße Aufmerksamkeiten zum Valentinstag. Snickers, Twix, Ferrero Rocher und Rittersport sind beliebte Mitbringsel für Kollegen und Bekannte, aber auch Väter und andere männliche Verwandte dürfen beschenkt werden. Ein Gegengeschenk wird nicht erwartet, was zählt, ist allein der Spaß am Verschenken.

Einer koreanischen Umfrage zufolge verschenken die Damen in Süd-Korea Schokolade wie folgt (Mehrfachnennungen waren möglich): An Verwandte (51.4%), an ihren Partner bzw. Ehemann (38.3%), an Kollegen im gleichen Alter (23.1%), an Männer, an denen sie interessiert sind (21.1%), an Freunde im gleichen Alter (18.1%), an ältere oder jüngere Bekannte, Freunde oder Kollegen (17.7%).

Vokabelliste
⇒ anhören


China: Qīxījié - die chinesische Alternative

Wegen der Schwierigkeiten, die das Chinesische mit der Wiedergabe ausländischer Namen hat, spricht man in China nicht vom Valentinstag, sondern vom Qíngrénjié 情人节 (in ein­ge­deutschter Umschrift: tsching-ren-dschjiä), dem „Festtag der Liebenden“. Gerade unter den jungen Leuten in den großen weltoffenen Metro­po­len gibt es eine wachsende Anzahl, die in ihrer Begeisterung für den Westen auch den Valentinstag eifrig imitiert. Da es sich um einen Import aus dem Westen handelt, wird der Tag auch „westlich“ zelebriert. Selbst eine scheinbar so allgemein-menschliche Bekundung wie „Ich liebe dich“ (Wǒ ài nǐ 我爱你 ) ist eigentlich un­chinesisch – wird aber am Festtag der Liebenden von den Chinesen übernommen.

Von vielen Chinesen selbst als Pendant zum Valentinstag aufgefasst, ist in der chinesischen Tradition die „Nacht der [doppelten] Sie­ben“: Qīxījié七夕节 (etwa: tschi-hsi-dschjiä). In der chinesischen Le­gen­de tref­fen sich in dieser Nacht zwei Liebende, die den Rest des Jahres getrennt voneinander ver­bringen müssen: der Kuhhirte (Qiānniú 牵牛 ) und die Weberin (Zhīnǚ 织女 ). In ihrer Liebe zueinander versunken, vernachlässigten sie die ihnen zugewiesenen Arbeiten und werden des­halb zur Strafe als zwei Sterne an den Himmel auf einander gegenüberliegende Seiten der Milch­straße versetzt  ‒  eine Trennlinie, die sie aus eigener Kraft nicht überwinden können. Einmal im Jahr er­barmt sich der Himmelskaiser der beiden, indem er alle Elstern von der Welt der Menschen zur Milchstraße hinauffliegen lässt, um eine Brücke über die Milchstraße zu bilden, über die die beiden Liebenden für eine Nacht zueinander finden. Aus diesem Grun­de sind die Elstern nicht wie bei uns mit negativen Assoziationen verknüpft (z.B. „die diebi­sche El­ster“), sondern mit ausdrücklich positiven („Liebesboten“ usw.). Für das Qīxī-Fest finden sich in China auch die Bezeichnungen „Töchterfest“ (Nǚ'érjié 女儿节 ) und „Fest des Flehens um Geschicklichkeit [beim Nähen]“ (Qǐqiǎojié 乞巧节 ). Der Tra­dition nach sollen die jungen Mädchen an diesem Abend vor dem Bild der Weberin im örtli­chen Tempel um Ge­schicklichkeit beim Nähen und anderen Hausarbeiten beten, damit sie sich die Fähigkeiten an­eignen können, die traditionell eine gute Ehefrau ausmachen. Früher fanden aus diesem Anlass Wettbewerbe unter den jungen Frauen eines Dorfes statt, die nur bei dem Licht glühender Asche oder des Halbmondes Nadeln einzufädeln versuchten.

Vokabelliste
⇒ anhören


Arabischer Raum: Blumen und ein Dresscode

Auch in manchen arabischen Ländern ist in den letzten Jahren der Valentinstag in Mode gekommen. Verliebte, Verlobte und Verheiratete feiern ihn am 14. Februar. Blumen und insbesondere Rosen lassen dabei das Herz der Verliebten höher schlagen. Darüber freuen sich nicht nur die Beschenkten, sondern auch die Blumenhändler. Denn in dieser Zeit verdoppelt sich der Preis der Blumen. Günstiger ist es, seine Blumen an den Ampeln von den Straßenverkäufern zu kaufen. Aber dazu bedarf es großen Verhandlungsgeschicks. Ein alternatives Geschenk, das auch im arabischen Raum immer passt: ein Parfüm. Auch Dessous sind gern gekaufte Präsente, mit dem Ehemänner ihre Ehefrauen überraschen. In diesem Monat sind die Schaufenster voll davon. Wer zu dieser Zeit seine Verlobung oder Hochzeit feiern möchte, passt diesen Tag ab, um damit ein gutes Zeichen für Glück und Liebe in der Ehe zu setzen. Eine frühzeitige Terminierung und Vorbereitung des großen Tages ist daher absolutes Muss.

Last but not least: der Dresscode. Entsprechend dem arabischen Sprichwort „Wenn dein Geliebter ein Stier ist, trag für ihn rot!“ trägt man am Valentinstag eigentlich keine rote Kleidung. Macht man es doch, zeigt man seinem Partner oder seiner Partnerin mit einem Augenzwinkern, wer die Hosen in der Beziehung an hat.

Dass es in der arabischen Welt auch ganz andere Positionen zum Feiern des Valentinstages gibt, konnte man in den letzten Tagen beobachten. Diverse Golfstaaten haben Maßnahmen ergriffen, die das Feiern dieses Tages verhindern sollen. So berichtet die "Saudi-Gazette", dass sämtliche Geschäftsinhaber angewiesen worden sind, rote Dinge aus ihren Schaufenstern zu entfernen, einschließlich Blumen und Geschenkpapier.

Vokabelliste
⇒ anhören


Russland: Romantisch auf der Kartbahn

Der Valentinstag (Валентинов день, День Святого Валентина) ist in Russland ein Import aus den 90er Jahren. Seitdem hat der Tag der Liebenden die russischen Herzen erobert. Junge russische Paare zelebrieren den 14. Februar in Diskotheken, sie laufen Schlittschuh oder gehen ins Restaurant. Spontanunternehmungen sind an diesem Tag nahezu ausgeschlossen. Restaurants sind beispielsweise schon viele Wochen vor dem Valentinstag ausgebucht. Was an diesem Tag auch in Russland nicht fehlen darf: eine Aufmerksamkeit für die Liebste oder den Liebsten. Die sogenannten „Valentinki“ (валентинки), herzförmige Postkarten mit Liebeserklärungen für die Angebetete oder den Angebeteten, sind Pflicht für alle russischen Pärchen. Darüber hinaus überraschen sich Männer und Frauen gegenseitig mit unterschiedlichen Präsenten. Der Mann schenkt seiner Frau bzw. Freundin auf jeden Fall Blumen und Pralinen. Alternativ sind Geschenkgutscheine, z. B. für einen Besuch im Schönheitssalon, sehr beliebt. Sogar Stofftiere werden im Namen der Liebe gerne verschenkt.

Wer noch mehr Eindruck bei seiner Liebsten hinterlassen will, organisiert mit Hilfe einer Eventagentur ein außergewöhnliches Ereignis. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Abendessen mit Live-Musik auf dem Dach eines Hauses? Frauen schenken ihren Männern Rasierwasser oder auch einen Geschenkgutschein – allerdings nicht für den Schönheitssalon. Beliebt sind Gutscheine für einen Tag auf der Kartbahn oder im Paintballpark. Seit 2008 tritt der Valentinstag, der als zu „westlich“ und kommerzialisiert gilt, in den Hintergrund. Von staatlicher und kirchlicher Seite wird ein anderer Tag propagiert, der nach den Schutzheiligen der Familie und der Liebe Peter und Fevronija (8. Juli) benannt ist. Und was machen die Russen? Sie feiern einfach beide Feiertage, den nicht offiziellen Valentinstag und den offiziellen Tag Peter und Fevronija.

Vokabelliste
⇒ anhören

 

 

 

 

Foto: K. Pyc (LSI)