"Unsere Zukunft. Mit dir!"

Foto: LSI Bochum

Um geflüchteten Menschen den Start in ein neues Leben zu erleichtern, werden neben Kultur-, Bildungs- und Sprachangeboten auch qualifizierte Helferinnen und Helfer benötigt. Das Projekt „Unsere Zukunft. Mit dir!“ ist eine Initiative des Avicenna-Studienwerks und bildet so genannte Flüchtlingslotsen aus. Neben Schulungen und Workshops zum Thema Recht oder Interkulturelle Kompetenz ist ein Syrisch-Sprachkurs am LSI Bochum Teil des Programms. Das Avicenna-Studienwerk plant, bis 2019 rund 370 Flüchtlingslotsen auszubilden – Zahra Khosrowtaj (26) und Laurenz Lürbke (21) sind zwei von ihnen.      

Gesellschaftliches Miteinander ermöglichen

Zahra ist im Iran geboren und hat dort drei Schuljahre absolviert, bevor sie nach Deutschland kam. Farsi ist ihre Muttersprache, in der Schule hat sie bereits die arabische Schrift gelernt. Ihr Kurskollege Laurenz dagegen hat keine Vorkenntnisse und fängt bei null an. So unterschiedlich die Voraussetzungen der angehenden Lotsen sind, so einig sind sich beide in einem Punkt: Sprache ist ein Eisbrecher. Das stellt Laurenz auch immer wieder bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit fest. „Ich kann zu den Kindern in der Schule ein besseres Vertrauensverhältnis aufbauen, wenn ich sie in ihrer Muttersprache begrüßen und nach ihrem Namen fragen kann“, erklärt Laurenz. Der Politik und Wirtschaftsstudent engagiert sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Zwei Mal in der Woche bringt er syrischen Kindern an einer Grundschule Deutsch bei. Dieses Engagement ist eine Herzensangelegenheit des 21-Jährigen: „Als 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, habe ich mich gefragt, was ich dazu beitragen kann, um ein gutes gesellschaftliches Miteinander zu ermöglichen.“ Schnell fiel seine Wahl auf die Nachmittagsbetreuung syrischer Grundschüler in seiner Wahlheimat Münster.    

Handys bleiben in der Tasche

Zahra ist mit zwei Kulturen und Sprachen aufgewachsen. Dieser Hintergrund macht es einfach, sich in die Perspektive des „Anderen“ hineinzuversetzen. „Ich weiß noch, wie komisch es für mich war, als ich lernen musste, von links nach rechts zu lesen.“ Diese und andere Herausforderungen hat Zahra längst hinter sich gelassen. Die 26-Jährige befindet sich in den letzten Zügen ihres Psychologiestudiums und möchte nach ihrer Promotion eine psychotherapeutische Ausbildung machen. Auf Erfahrungen mit der Arbeit mit Geflüchteten aus Syrien kann sie bereits zurückgreifen. Dabei stieß sie allerdings schnell an ihre Grenzen. Die Möglichkeiten des Sprachkurses schätzt Zahra daher realistisch ein. „Natürlich kann so ein einwöchiger Sprachkurs keinen Dolmetscher ersetzen. Aber er ist eine gute Basis für eine Zusammenarbeit mit Menschen aus dieser Region.“   

Der Sprachkurs verlangt den Stipendiaten einiges ab. Neben Basics des syrischen Dialekts behandelt der Kurs auch landeskundliche und geschichtliche Aspekte Syriens. Viel Unterrichtsstoff für die Stipendiaten, die im Kurs schon mal 25 Vokabeln zum Thema Familie innerhalb einer halben Stunde durcharbeiten müssen. „Da raucht einem schon mal der Kopf“, gesteht Laurenz. Umso wichtiger ist es, den Stoff abwechslungsreich, aktiv und lernfreundlich zu gestalten. So stehen den Studierenden zum Beispiel Skripte zu den einzelnen Lektionen zur Verfügung. Angenehmer Nebeneffekt: Die angehenden Lotsen müssen wenig mitschreiben und können sich auf den Unterricht konzentrieren. Dieses Konzept kommt offensichtlich gut an: „An der Uni gucken die meisten Studis schon mal auf ihr Handy, um mal abzuschalten. Hier bleiben die Handys in der Tasche - und das ganz freiwillig“, lacht Zahra.  

Über das Projekt "Unsere Zukunft. Mit dir!"

Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2016 geförderten und vom Avicenna-Studienwerk geleiteten Projekt „Unsere Zukunft. Mit Dir!“ werden Stipendiatinnen und Stipendiaten der 13 Begabtenförderungswerke zu Lotsen für Geflüchtete ausgebildet. Das Projekt ist mehrdimensional angelegt: Neben dem kontinuierlichen kompetenzerweiternden Angebot in Form von Schulungen, Fortbildungen und Supervision, setzen die Stipendiatinnen und Stipendiaten als Multiplikatoren eigene nachhaltige Projekte und Aktionen für Geflüchtete bundesweit um.

Interessierte Stipendiatinnen und Stipendiaten der 13 Begabtenförderungswerke können sich für die Projektphase 2019 bewerben.

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