Dr. Thelal Oweis (38) ist Leiterin der Schulungsabteilung an der German-Jordanian University in Amman. Im Rahmen des DAAD-Austauschprogrammes „Train the Trainer“ hat sie am LSI im Juni und Juli ein 6-wöchiges Training absolviert.
Was hat Sie zu einem Training am LSI motiviert?
Ich bin in Jordanien die Koordinatorin für ein sehr wichtiges Programm (ALC – Arabic Culture and Language), das in erster Linie deutschen Studenten die arabische Sprache und Kultur näher bringt. Wir haben ca. 100 Partneruniversitäten auf verschiedenen Kontinenten und unser Ziel ist es, die arabische Welt zu erklären und zu vermitteln. Ich bin zum LSI gekommen, um mir unter anderem die Arbeitsweise des Arabicums anzuschauen und die bewährten Lehrmethoden kennenzulernen. Ich wollte versuchen herauszufinden, wie ich unsere Sprachkurse in Amman verbessern und speziell auf deutsche Lerner anpassen kann. 2015 startete die Kooperation zwischen der Uni in Jordanien und dem LSI. Damals besuchte uns die Institutsleiterin des Arabicums Michaela Kleinhaus im Amman, um das Konzept des Sprachenlernens am LSI vorzustellen. Wir haben das System des LSI quasi übernommen und an unsere Bedingungen angepasst. Ich wollte sehen, wie sich die Arbeit hier in Bochum in den vergangenen Jahren verändert und erweitert hat. Vor allem die Sprachlernplattform LSI.ONLINE und das neue Lehrmaterial sind für mich von großem Interesse gewesen.
Welche Pläne wollen Sie zurück in Jordanien verwirklichen?
Es müsste noch mehr Arabisch-Kurse geben. Der DAAD schickt uns jedes Jahr 15 Studenten nach Amman. Wir planen zurzeit zum Beispiel eine dreiwöchige eine „Summer-School“. Vielleicht können wir in Zukunft weitere Abteilungen eröffnen und Studenten nicht nur für drei Wochen oder ein Semester, sondern auch für ein oder zwei Jahre aufnehmen und die Möglichkeit anbieten, einen Universitätsabschluss in Amman zu machen. Je größer der Zeitraum, desto höher ist die Chance, tief in die arabische Sprache und Kultur einzutauchen.
Welche kulturellen Entwicklungen sind in Jordanien zu verzeichnen?
In Amman, in der Hauptstadt, ist das Weltbild insgesamt natürlich schon viel aufgeklärter, moderner und westlicher geprägt, als auf dem Land. Es gibt viele Flüchtlinge und die einzelnen Kulturen verschmelzen. Diese Entwicklung bringt auf der einen Seite viele positive Aspekte mit sich, auf der anderen wäre es schade, wenn die jordanische Kultur langsam verschwinden würde. Außerdem haben junge Frauen in Jordanien deutlich mehr Aufstiegschancen als in den Nachbarstaaten. Viele Frauen bekleiden wichtige Positionen im Parlament und es ist den meisten Frauen freigestellt, selbstbestimmt zu leben und im Ausland zu studieren. Ich selbst habe drei Kinder und gehe arbeiten, Familie und Job sind nicht immer ganz leicht zu vereinbaren, aber wir Frauen wollen schließlich beweisen, was in uns steckt.
Wie haben Sie sich Ihre Zeit in Deutschland vorgestellt?
Ich habe mir ehrlich gesagt alles sehr kompliziert vorgestellt. Die öffentlichen Verkehrsmittel, der große Flughafen in Frankfurt… Ich habe gehört, dass Deutsche nicht sehr hilfsbereit seien. Das kann ich allerdings überhaupt nicht bestätigen. Seit meine Familie und ich hier angekommen sind, werden wir überall unterstützt. Deutsche sind sehr freundlich. Ich habe ganz wundervolle Erfahrungen mit fremden Menschen gemacht, die unendlich hilfsbereit waren. Ob es darum ging, ein Platz zu finden, wo ich meinen Sohn wickeln konnte, oder jemand meinem Mann geholfen hat, den Kinderwagen eine Treppe herunterzutragen. In der Bahn waren viele Leute kontaktfreudig und wollten wissen, wo wir herkommen. Wir haben viele wirklich nette Gespräche geführt. Das hatte ich nicht erwartet und bin positiv überrascht worden.
Wie würden Sie Ihren Aufenthalt in Bochum zusammenfassen?
Während meiner Zeit am LSI habe ich mehr gelernt, als ich mir hätte vorstellen können. Der Einblick in die Arbeitspraktiken des LSI hat mich in meiner Funktion als Ausbildungsleiterin des GJU-Konsultations- und des Trainingszentrums gestärkt und meinen Horizont erweitert. Vor allem das systematische und organisierte Arbeiten innerhalb des Instituts hat mich beeindruckt und wird mich nachhaltig beeinflussen. Ich werde versuchen, das in Bochum Gelernte zurück in Jordanien bestmöglich anzuwenden. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Mitarbeitern, besonders denen des LSI-Arabicums, bedanken.