Sprachenlernen im Alter

Es gibt einige prominente Beispiele, die sich trotz ihres hohen Alters nicht davon abhalten ließen, Russisch oder Japanisch zu lernen. Der  Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777-1855) interessierte sich angeblich so sehr für die Publikationen des russischen Mathematikers Nikolai Iwanowitsch Lobatschewski, dass er mit ca. 63 Jahren noch Russisch lernte. Der russische Schriftsteller Lev Tolstoj (1828-1910) sprach bereits 12 Sprachen und fing im Alter von 70 noch an, Japanisch zu lernen – laut Überlieferung allerdings nur mit mäßigem Erfolg: "Entweder bin ich zu dumm, oder Japanisch ist zu schwer!“.

Unbestritten ist, dass ein 20-Jähriger  anders lernt als ein 50-Jähriger – ganz abgesehen von Kindern. Der Lernerfolg hängt von Faktoren wie der Lerngeschichte, dem sozioökonomischen Hintergrund und der Motivation ab. „Wenn ein älterer Lerner die Sprache nur braucht, um bestimmte funktionale Bedürfnisse zu stillen (z.B. für den Urlaub), dann ist damit zu rechnen, dass der Lerner nicht auf das muttersprachliche Niveau kommt“, sagt Prof. Rüdiger Grotjahn, Professor für Sprachlehrforschung an der Ruhr-Universität Bochum. „Aber es gibt durchaus andere Fälle, die mit 70 noch angefangen haben, Japanisch zu lernen und auf ein ganz hohes Niveau gekommen sind.“

Lernvorteil durch Weltwissen

Die so genannte fluide Intelligenz nimmt mit fortschreitendem Alter ab, die kristalline Intelligenz hingegen wächst im Laufe des Lebens stetig. Für den Lernprozess bringt das durchaus Vorteile mit sich. Ältere Menschen verfügen zum Beispiel über individuelles Wissen, Problemlösungstechniken oder Weltwissen: „Manche Lerner können beim Sprachlernprozess sogar an andere Sprachen anknüpfen. Diese Transferleistung kann helfen, sich im Alter eine neue Sprache besser anzueignen“, sagt Grotjahn.

Sprachunterricht für ältere Lerner

Das hat konkrete Folgen für die Gestaltung des Sprachkurses. Best Ager lernen nämlich nicht nur anders, sondern sind in Bezug auf bestimmte Fähigkeiten auch eingeschränkt. So lassen zum Beispiel Hör- und Sehvermögen nach. „Das sollte ein guter Sprachkurs berücksichtigen. Die Arbeitsmaterialien sollten daran angepasst werden“, findet Grotjahn. Das verhindert Lernfrust und trägt dazu bei, dass das Erlernen einer neuen Sprache auch Spaß macht.

Foto: LSI