Die Sommerferien in Deutschland sind gestartet und damit auch die Zeit, in der viele Familien in den Urlaub fahren. Bei uns teilt sich der Jahresurlaub ganz unterschiedlich auf – je nachdem, ob man schulpflichtige Kinder hat oder die Ferien bei der Urlaubsplanung möglichst umgeht. In China sieht das anders aus: Chinesen machen dreimal im Jahr Urlaub – und das alle gleichzeitig. Denn die sogenannten „goldenen Wochen“ sind vom Staat festgelegt. Doch wie verbringen Chinesen ihre freien Tage? Was sind die beliebtesten Reiseziele und welche Freizeitaktivitäten kommen gut an?
Mona Lisa, Big Ben und Brandenburger Tor im Eiltempo
Chinesen fahren gerne in den Urlaub. An der Spitze der beliebten Reiseländer sind Japan, Südkorea, Vietnam, Malaysia, Thailand, Singapur und die Philippinen. Da könnte man meinen, die Asiaten blieben am liebsten unter sich. Doch auch Europa steht hoch im Kurs. England, Frankreich, Italien und Österreich sind sehr gefragt und ganz besonders Deutschland. Denn viele Chinesen haben im Alltag Kontakt mit deutschen Produkten und Erfindungen. Deutsche Autos, Bier und Fußball werden in China hoch geschätzt.
Massentourismus ist nicht nur in China ein knallhart kalkuliertes Geschäft. Die zahlreichen Reiseunternehmen, die in den letzten Jahren in China aus dem Boden geschossen sind, haben sich darauf spezialisiert, Touristen in kurzer Zeit zu möglichst vielen Sehenswürdigkeiten zu bringen. Denn wer schon einmal nach Europa reist, der möchte auch möglichst viele Selfie-Kulissen abklappern, um Freunde und Verwandte auf Instagram und Co. durch Handyfotos an den eigenen Erlebnissen teilhaben zu lassen. Die jüngere Generation hingegen tendiert inzwischen eher zu Individualreisen. Wie auch bei uns in Europa geht der Trend zu Rucksacktouren nach dem Schulabschluss.
Ferien auf dem Campus
So ganz lassen Berufsleben und Ehrgeiz Chinesen auch im Urlaub nicht los. Nur den wenigsten fällt es leicht, die Arbeit zu vergessen und sorglos zu entspannen. In China wird ein erfolgreicher Arbeitstag nicht nach Stunden berechnet, sondern nach erledigten Aufgaben. Es wird nur dann Feierabend gemacht, wenn die tägliche To-do-Liste auch abgearbeitet ist. Arbeit liegenzulassen oder aufzuschieben, nur weil 8 Stunden Arbeitszeit bereits verstrichen sind, kommt nicht in Frage. Vielleicht nutzen gerade deswegen viele ihren Urlaub, um mit dem Nachwuchs Städte wie Beijing, Shanghai oder Nanjing zu besuchen. Dort wollen sie den Campus renommierter Universitäten besuchen, um diese ihren Kindern schmackhaft zu machen und sie somit sanft in eine erfolgreiche Zukunft zu schubsen.
Hawaii auf Chinesisch
Innerhalb Chinas lässt sich ein besonderer Reisetrend verzeichnen. Insbesondere im Winter ist Hainan mit einer Durchschnittstemperatur vom 26°C und 300 Sonnentagen im Jahr ein beliebtes Ziel. Die Provinz im Süden Chinas wird gerne mit der paradiesischen Insel Hawaii verglichen und weist die höchste Dichte an Fünfsternehotels in ganz China auf. Auch die zahlreichen eindrucksvollen Hochhäuser, Bettenburgen und Fast-Food-Restaurants erinnern an das amerikanische Vorbild. Die Strandkultur hingegen ist eine völlig andere: Tummeln sich auf Hawaii täglich tausende Menschen am Strand, so ist es in Hainan am Meer erstaunlich leer. Obwohl die Strandhotels ausgebucht sind, ist das Sonnenbaden wie wir es kennen wenig attraktiv für Chinesen. Viel mehr trotzt man der Sonne mit langer Kleidung und Schirmen, um den in großen Teilen Asiens verpönten braunen Teint zu vermeiden. Auch können viele Chinesen nicht schwimmen und wagen sich, vorsichtshalber abgesichert durch Schwimmflügel oder Gummitiere, nur bis zu den Knien ins kühle Nass. Ein krasser Gegensatz zu den leeren Stränden Hainans ist das sogenannte Tote Meer Chinas, ein riesiges Salzwasser-Erlebnisbad in Suining in der Provinz Sechuan. Bis zu 10.000 Besucher, die meisten ausgestattet mit einem bunten Schwimmring, kühlen sich gleichzeitig bei heißen Temperaturen in dem Wasserbecken mit ganzen 22 Prozent Salzgehalt ab. An Schwimmen ist da nicht zu denken. Wer kein Freund von Berührungen ist oder gar Platzangst hat, sollte lieber zuhause bleiben.
Klangschalenmusik und Wasserkalligrafie für ein glückliches Leben
In ihrer Freizeit sind Chinesen gerne gesellig und kommen zusammen, um gemeinsam ihren Interessen nachzugehen und neue Energie für den stressigen Alltag zu tanken. Denn eine ausbalancierte Lebensweise gehört zum guten Ton und soll für ein langes und glückliches Leben sorgen. Ob Teezeremonien, Klangschalenzeremonien, Paartanz oder Aerobic – bei gutem Wetter findet vieles draußen statt. Bei den jüngeren Chinesen zählt Karaoke zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Im Sommer wird auch gerne mal gegrillt. Da die meisten jedoch keinen eigenen Garten haben und es in öffentlichen Anlagen nicht erlaubt ist, wird das Grillvergnügen in Restaurants ausgelagert. Wer sein musikalisches oder schauspielerisches Talent zum Besten geben möchte, der findet sich sonntags im Volkspark ein. Hier trifft man nicht nur auf Künstler aller Art, wie z. B. die Wasserkalligrafen, die schnell vergängliche Zitate mit Wasser auf Beton pinseln, sondern auch auf eine beliebte Partnerbörse für ältere Menschen, die mit Online-Dating nichts am Hut haben.