Für ihren Arabischkurs am LSI hat sie einen weiten Weg auf sich genommen. Etwas mehr als 650 km sind es von Ihrer Heimatstadt Bern bis nach Bochum. Um ihr Master-Studium in Middle Eastern Studies aufnehmen zu können, lernt Dilara Kalayci Arabisch. Zeit für einen Intensivkurs!
Frau Kalayci, Sie kommen aus der Schweiz?
Ich komme aus Bern, bin dort geboren und aufgewachsen, habe in der 6. Klasse ein Jahr in der Türkei gelebt und bin dann wieder zurückgekehrt. Meine Familie stammt aus der Türkei.
Sind Sie zweisprachig aufgewachsen?
Ja. Zuhause haben wir eigentlich gar kein Deutsch gesprochen, weil meine Eltern wollten, dass wir Türkisch richtig lernen. Als wir in der Türkei waren, haben sie dann darauf geachtet, dass wir das Deutsch nicht verlernen. Türkisch ist meine Muttersprache, Deutsch habe ich ab der Kita gelernt. Meine Heimatstadt Bern liegt im deutschsprachigen Teil der Schweiz. Mittlerweile studiere ich Medien- und Kommunikationswissenschaften in Fribourg, das liegt im französischsprachigen Teil, aber ich kann kein Französisch.
Wissen Sie schon, was Sie beruflich machen wollen?
Ich hatte im Bachelor im Nebenfach Islamwissenschaft, für den Master würde ich es gerne umdrehen, also Medien- und Kommunikationswissenschaft als Nebenfach und Middle Eastern Studies als Hauptfach studieren. Mein Berufswunsch geht in Richtung Eidgenössisches Departement für Auswärtiges, das wäre mein Traum, oder auch im Amt für Migration. Dort könnte es zum Beispiel Medien- und Pressearbeit sein, das lässt sich gut verbinden.
Neben den beruflichen Zielen und dem Studium - was verbindet Sie mit der arabischen Sprache?
Bislang nicht viel. Ich höre gerne arabische Musik, hätte aber nie gedacht, dass ich die Sprache einmal wirklich lernen würde. Ich habe angefangen Islamwissenschaft zu studieren, weil ich meiner eigenen Kultur und Religion in Teilen sehr kritisch gegenüberstehe. Gerade dann, wenn man Vorurteile hat, sollte man sich die Dinge aber genauer anschauen, um die verschiedenen Facetten zu sehen. Als ich mich im Studium mehr und mehr mit dem Thema befasst habe, wurde mir klar, dass es das ist, was ich machen möchte. Um im Master ins Hauptfach zu wechseln, war Arabisch zwingend nötig. Meine Uni hat mir das Intensivkursformat empfohlen. Die Frage war: Nach Kairo oder Bochum? Ich habe mich für Bochum entschieden. Von der Stadt hatte ich noch nie gehört, aber die weite Reise hat sich definitiv gelohnt.
Wie ist ihr erster Eindruck vom Unterricht?
Sehr cool! Die Euphorie ist riesig, weil es möglich ist in so kurzer Zeit so große Fortschritte zu machen. Ich hätte nie ihm Leben gedacht, dass das geht. Was wir hier in zwei Wochen machen, dafür braucht man an der Uni ein ganzes Semester.
Würden Sie sagen, dass Ihnen Fremdsprachenlernen generell leicht fällt?
Gar nicht. Hätte ich Arabisch an der Uni gelernt, wäre es eher eine Pflichtveranstaltung für mich gewesen. Deshalb bin ich froh hier zu sein, so hat es den Charakter einer Sprachreise, was deutlich motivierender ist als ein Uni-Kurs. Es macht wirklich Spaß!
Was ist Ihr Lernziel, wie gut wollen Sie Arabisch beherrschen können?
Das richtet sich nach den Erfordernissen meines Master-Studiums. Sprechen und Hören sind wichtig. Aber auch: Texte lesen, auf Deutsch übersetzen, den Inhalt zusammenfassen. Wie gut es funktioniert, wird sich daran zeigen, ob ich im Studium den Anschluss halten kann.
Hilft Ihnen Ihr Türkisch beim Arabischlernen? Gibt es Ähnlichkeiten?
Grammatikalisch ist es anders, die Satzstellungen sind nicht gleich. Es gibt aber viele Überschneidungen beim Wortschatz, z.B. bei den Bezeichnungen für Verwandtschaftsgrade. Onkel mütterlicherseits, väterlicherseits, diese Unterscheidung kennt das Türkische auch. Außerdem gibt es kulturelle Ähnlichkeiten, die sich auch in der Sprache widerspiegeln.
Stichwort Kultur: Wie wichtig sind (inter-)kulturelle Inhalte und Landeskunde für einen guten Sprachunterricht?
Ich finde es sehr wichtig, dass man das auch macht. Dadurch bekommt man ein Gespür für kommunikative Situationen. Wenn man eine Sprache lernt, dann öffnet sich ein Tor in eine neue Kultur. Das ist nicht nur Grammatik, man lernt auch die Gebräuche und Sitten. Sprache ist ein wichtiges, vielleicht sogar das wichtigste, Instrument um andere Kulturen nachvollziehen zu können.